Acoustic Klampfe von 'SX' mit Ibanez 'Super 70' und Piezo Pick-up
* Joe's
* Web
* Saiten



'Fresher Recovery' Telecaster

Technische Daten

  • Name: Fresher Recovery, Protean Series
  • Hersteller: Matsumoto Musical Instrument Association, Japan
  • Modell: FT 406
  • Seriennummer: 52459
  • Fertigungsdatum: unbekannt, jedoch vor 1978
  • Korpusfarbe: Elfenbein (butterscotch)
  • Schlagbrettfarbe: schwarz, einschichtig
  • Korpus: vmtl. Esche, lackiert
  • Hals: vmtl. Ahorn, lackiert
  • Griffbrett: vmtl. Rosenholz, unlackiert
  • Pickups: 2x Singlecoil Telecaster Typ
  • Sattelbreite: ca. 41,5mm
  • Mensurlänge: ca. 650mm
  • Gewicht:
  • Kaufdatum: um die 1978
  • Kaufpreis: ca. 500 DM + 100 DM Koffer
  • gekauft bei: Musikladen Schorndorf, Deutschland
  • Allgemeines

    Die 'Fresher Recovery' ist eine Kopie der wohl meistgebauten Gitarre überhaupt, der amerikanischen Fender Telecaster. Alles Wissenswerte über die Telecaster kann bei Wikipedia nachgelesen werden.

    Die japanische Firma Matsumoto fertige in den 70/80er Jahren elektrische Gitarren und vertrieb ihre Produkte unter dem Fantasienamen 'Fresher'. Durch die Namenswahl und der verwendeten Schrift liest sich der Name 'Fresher' auf der Kopfplatte flüchtig wie 'Fender'. Fender hat irgendwann dieser dreisten Kopiererei gerichtlich einen Riegel vorgeschoben aber zum Zeitpunkt der Herstellung dieser Gitarre hatten besonders die japanischen Plagiate noch ihre volle Blüte. Einige wenige Infos zu Fresher Gitarren sind ebenfalls auf Wikipedia veröffentlicht.

    Weil preislich deutlich unter dem der amerikanischen Vorbilder wurden zu dieser Zeit die japanischen Gitarren gerne als 'billige Fernostkopien' abgetan. Heute hat sich das stark relativiert und Produkte aus Japan werden vom Qualitätsstandard her weit höher angesiedelt als z.B. Produkte aus China und bewegen sich zum Teil sogar auf dem gleichen oder gar höheren Level wie ihre amerikanischen Schwestern. Paradoxerweise werden heute namhafte Gitarren für den amerikanischen Massenmarkt in Mexiko, also in Amerika, gefertigt wärend qualitativ höherwertige Modelle in Japan produziert werden. Wer auf 'Made in U.S.A' besteht muss fär eine Fender aus den Staaten nochmals deutlich tiefer in die Tasche greifen.

    Heute gibt man sich in der Beurteilung der in den 70/80er Jahren gefertigen japanischen Gitarren mehr Mühe und bezeichnet diese etwa als 'mit hochwertigen Materialien preisgünstig gefertigt aber mit viel Liebe zum Detail nachgebaute Gitarren'. Dies trifft mit Sicherheit auch auf diese wunderschöne Telecaster Kopie von Fresher zu wie die folgenden Fotos beweisen.

    Fotos

    Frontansicht Rückansicht Korpus Kopfplatte Übergang Hals/Kopfplatte Halspickup Stegpickup Originalkoffer

    Anhänger Garantiekarte Vorderseite Garantiekarte Rückseite

    Zustand

    Der allgemeine Zustand der Gitarre ist auch nach über 30 Jahren Gebrauch noch tadellos. Das genaue Fertigungsdatum ist mir nicht bekannt, es könnte aber aus den mitgelieferten japanischen Unterlagen hervorgehen. Falls jemand in der Lage ist diese zu lesen würde ich mich über eine zugesendete Übersetzung sehr freuen.

    Die weisse Lackierung ist nicht deckend so dass die Holzmaserung am Korpus noch leicht erkennbar ist. Der Lack ist wie am ersten Tag, keinerlei Verfärbung, ebenso die Kunststoffteile sind weder spröde noch ausgeblichen. Der Hals ist aus Ahorn und aus einem Stück gefertig. Die wunderschöne Maserung kommt besonders bei direktem Licht gut zur Geltung. Leichte Lackschäden am Korpus sind leider vorhanden da die Gitarre in Gebrauch war. Auffallend ist nur das kleine Loch auf der Vorderseite das von einem Dartpfeil stammt den ein cholerischer Bassist mal auf mich warf. Die Bundstäbchen sind leicht eingespielt aber immer noch tiptop.

    Die Gitarre ist nahezu bundrein und die Saitenlage ist für meine Spielweise perfekt justiert. Die Elektrik funktioniert bis auf ein leichtes Kratzen der Volume und Toneregler, kann sein dass die Kontaktflächen oxidiert sind. Möglicherweise verschwindet das bei häufigerem Gebrauch wieder, sie wurden bislang wenig benutzt. Nur die Metallisierung an den Potiknöpfen ist stellenweise abgegangen was aber kaum negativ auffällt. Insgesamt würde ich den Zustand der Gitarre als 'ehrwürdig gealtert' bezeichnen.

    Modifikationen

    An jeder Gitarre gibt es Dinge die sich noch 'individualisieren' lassen, der englischsprachige Begriff lautet 'customized'. So auch an dieser Gitarre. Über Sinn oder Unsinn lässt sich streiten. Folgende Dinge habe ich modifiziert:

  • Steg mit Abdeckhaube durch neuen Steg ohne Haube ersetzt,
  • dadurch ist der Stegpickup ca 10mm in Richtung Hals gerückt
  • überstehende ('staggered') Polmagnete am Steckpickup gekürzt
  • Blechkappe an Halspickup entfernt
  • beide Pickups in Wachs eingegossen
  • 10er Saiten durch 12er D'Addario EXL110 ersetzt,
  • anschliessend Bundreinheit und Saitenlage neu justiert
  • Koffer zum Schutz der Kanten mit Klebeband versehen
  • Die ersten 3 Modifikationen, ich nenne sie mal 'Broadcaster'-Tuning, dienten dazu den zuvor doch sehr grellen Klang des Stegpickups zu zivilisieren. Der mehr in die Mitte gerückte Pickup und sein leicht abgeschwächtes und dadurch nicht mehr ganz so stark fokussiertes Magnetfeld machen den Klang etwas weicher und basslastiger, was dieser Gitarre meiner Meinung nach zu Gute gekommen ist. Der Klang des Stegpickups hat immer noch mahr als genug Höhen und dafür jetzt ein ordentliches Pfund mehr vom begehrten Telecaster-'Twang'.

    Das Entfernen der Polkappe und das Eingiessen der Spule in Wachs sind altbekannte Mittel um den Pickups den letzten Rest an Mikrofonie und damit verbundener Tendenz zu Rückkopplungspfeifen auszutreiben.

    Die etwas dickeren D'Addario Saiten werten den ohnehin tadellosen Klang der Gitarre nochmals auf und sind meiner Meinung nach optimal.

    Mit Ausnahme der Korpusausfräsung, die durch die neue Stegplatte mit dem versetzten Pickup notwendig wurde, kann die Gitarre problemlos jederzeit wieder in den Originalzustand versetzt werden da die entfernten/ausgetauschen Originalteile noch vorhanden sind.

    Anwendung und Risiken

    So simpel die Gitarre gebaut ist so simpel kann man ihren unverwechselbaren Klang live zur Geltung bringen. Man nehme einen betagten Röhrenverstärker mit ca. 15-30W mit Box oder eine Combo und drehe alle Klang- und Volumeregler auf Anschlag. That's it. Da die Singlecoils nur ein relativ schwaches Signal produzieren wird der Verstärker das Signal nur leicht anzerren, der Klang der Tele wird voller und mittiger, wird aber immer erkennbar bleiben und nie matschig werden.

    Ich spiele die Tele am liebsten über meinen 15W Röhrenverstärker ohne Mastervolume an dem eine 2x12" Box dran ist. Das ist so laut dass man ohne Powersoak in Proberäumen und auf Bühnen unter 50qm riskiert dass alle Bandmitglieder nach kurzer Zeit taub sind oder einem der Mann am Mischpult ständig verzweifelt zuwinkt.

    Hört mal in die Gitarrenparts von John Frusciante von den Red Hot Chili Peppers bei ihrem 'Slane Castle' Konzert rein. Auf der volleyballfeldgrossen Bühne benutzt er für Soli zwei 'Marshall Silver Jubilee' Röhrenverstärker mit je 50W. Mit denen im Rücken kann er seine Tele und Strat leicht zum Feedback bringen egal wo er auf der Bühne gerade steht.

    John nutzt bei seiner Tele von den drei möglichen Schalterstellungen der beiden Pickups gerne den sonst bei Telegitarristen nicht so beliebten Halspickup, sowohl einzeln als auch in der gegenphasigen Parallelschaltung von Hals- und Stegpickup. Er benutzt alle drei Telesounds sowohl verzerrt und als auch unverzerrt mit einer Vielzahl von Standard-Bodeneffektgeräten wie Verzerrer, Wah-wah Pedal, Chorus und Hall. Bei seine 'singenden' Soli spielt er über die beiden 'Marshall Silver Jubilee' ('Crunch'), ansonsten benutzt er einen 'Marshall Major' Röhrenverstärker mit 200 W für 'clean' Sounds. Die Verstärkerauswahl erfolgt per Kanalumschalter. Dadurch dass die Tele relativ natürlich klingt kann sie mit einer Vielzahl von Effekten ausgestattet vielseitig eingesetzt werden. Besonders ans Ohr legen möchte ich von 'Live at Slane Castle' den Song 'Parallel Universe'.

    (Die leicht sentimentale) Geschichte dieser Gitarre

    Es war ein heisser Sommer vermutlich im Jahr 1978 (so um den Dreh). Ich stand im kleinen und feinen Musikgeschäft 'Musikladen' in Schorndorf der sich damals im gleichen Gebäude wie der alte Club 'Manufaktur' in Schorndorf befand.

    Mehr aus Langeweile, ich wartete auf meinen Bandkollegen der gerade bei Calo Rapallo seine Gitarrenstunde hatte, teste ich die dort zum Verkauf stehenden Gitarren an. Geld hatte ich zwar keins aber ich war mit meinen beiden E-Gitarren total unzufrieden. Bei meiner 'Suzuki' Stratocaster-Copy schwitzten durch das lackierte Griffbrett die Hände, der Sound der billigen Pickups war farblos und überhaupt war mir das Ding zu schwer und das futuristische Design mit dem rumbaumelnden Jammerhaken ging mir auf die Nerven.

    Die 'Strat' spielte ich zwangsläufig wieder nachdem sie viele Jahre in der Ecke stand weil bei meiner zweiten Gitarre, eine 'Asco' Gibson SG Copy die billigen Bundstäbchen durch viel zu viel 'Highway to hell' und 'Stairway to heaven' total plattgespielt waren. Die 'SG' hatte zwar durch die nachträglich eingebauten Ibanez Super 70 Humbucker einen Hammerkillersound, aber sie hielt die Stimmung nicht zuverlässig und überhaupt fand ich war es höchste Zeit für einen ganz anderen Gitarrensound.

    Ich erinnere noch wie heute als ich diese Klampfe das erste Mal in den Händen hielt. Witzigerweise ist sie mir aufgefallen weil sie so unscheinbar aussieht. Einfach ein grob ausgesägtes Brett mit einem Hals dran- und zwei Pickups draufgeschraubt. Fertig. Damals wusste ich noch nichts von der langen Geschichte dieses legendären Gitarrentyps, über ihren unverwechselbaren Klang, wer sie spielt und in welchen Musikrichtungen sie verwendet wird, etc. War vielleicht auch besser so. Der Verkäufer erzählte mir er habe sie direkt von der Musikmesse Frankfurt mitgebracht. Anscheinend war dieser Gitarrentyp gerade nicht der Renner, er liess durchblicken er würde daher wohl keine weitere ordern.

    Hab sie irgendwo eingesteckt, denke es war ein 'Orange' 50W Topteil, also ein schnörkelloser Amp ohne jegliche Effekte. Trotzdem, oder gerade deswegen, der erste angeschlagene Akkord - Wow ! - verzauberte mich sofort. Als Vergleich kann man sich vielleicht einen Klavierspieler vorstellen der jahrelang immer auf einem alten verstimmten Klavier in der kleinen Stube gespielt hat und dann zum ersten Mal auf einem frisch gestimmten Flügel in einer Kirche spielt. Oder wie es ist wenn man mit dem Auto aus dem Tunnel kommt und das Autoradio wieder von Mono auf Stereo umschaltet. Das bislang ungeahnte Klangspektrum einer Gitarre war plötzlich vorhanden, Bässe, Mitten, Höhen, alles. Bei dieser Gitarre musste man den Verstärker (damals wurden aus gutem Grund nur Röhrenverstäker für die E-Gitarren verwendet) nicht bis zum Anschlag aufdrehen damit diese einfache Gitarre gut klang. Ein Akkord war bei dieser Klampfe kein 'dröhnendes fühlbares Etwas' das irgendwo aus der Richtung der Lautsprecherbox kam. Bei dieser Gitarre schwebte der Akkord als Klanggebilde im Raum und der Klang jeder einzelnen Saite war deutlich wahrnehmbar zusammen mit ihren vielen harmonischen Obertönen.

    Ich stand also da und mit mir stand der Akkord nach gefühlten 5 Minuten immer noch im Raum. Aha, Sustain ! Doch wie das ?! Alle Gitarristen predigten zu dieser Zeit doch dass Sustain nur durch fette Humbucker und ausreichend Röhrenübersteuerung entstehen kann ! Ich war irritiert, wusste damals ja nicht dass fette Humbucker auch ein fettes Magnetfeld haben und somit die Saitenschwingungen stören, Obertöne killen und die Saitenschwingungen fies ausbremsen. Damals - vor Mark Knopfler und den Direstraits - galt: Hauptsache es ist laut und es klingt fett ! Übrigens: Leise ist die Telecaster gewiss nicht. Ihr 'bissiger' Klang setzt sich auch im dicksten Marshallgewitter einer Les Paul durch. Das habe ich allerdings auch erst im Proberaum erfahren.

    Jedenfalls, dieses 'Ding aus einer anderen Welt' musste ich unbedingt haben, aber wie ? Mein Bandkollege, die Stunde war längst um, machte mir den Vorschlag seine Mutter anzupumpen. Gesagt, getan. Vermutlich habe ich ihr die 600 DM für die Gitarre und den Koffer nie vollständig zurückgezahlt, ich hoffe sie hat mir gegebenenfalls inzwischen verziehen. Dank ihr bin ich heute stolzer Besitzer einer vermutlich recht seltenen Telecaster aus Japan.

    Fazit

    Gleich nach Erika und meinen Kindern die wohl beste Errungenschaft in meinem Leben :-)

    Links

  • Bericht zur Firma Fresher (Englisch).
  • Bericht von einem Fresher Telecaster Besitzer (Englisch).
  • Bericht von einem Fresher Stratocaster Besitzer (Englisch).
  • Kurzer Bericht zur Geschichte der Telecaster (Deutsch).
  • Ausführlicher Bericht zur Geschichte der Telecaster (Englisch).